Junge Führungskräfte haben häufig Probleme, von ihrer Belegschaft akzeptiert zu werden. Das geht aus einer gemeinsamen Studie des WDN – WISE Demografie Netzwerks der Jacobs University und der University of Amsterdam hervor, veröffentlicht in der jüngsten Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Journal of Organizational Behaviour“. Die Forscher plädieren darin für ein verändertes Verständnis von Führung.

Studien hatten bisher vor allem Schwierigkeiten älterer Führungskräfte betont in einer sich stark verändernden Arbeitswelt. Die neue Studie zeigt, wie beispielsweise Neid und Missgunst Talenten entgegenschlagen, die in jungen Jahren eine Führungsposition einnehmen. 773 Mitarbeiter und Führungskräfte in 83 Teams aus den Arbeitsbereichen Kundenservice und Verkauf befragten die Forscher der Jacobs University und der University of Amsterdam um Sven Voelpel, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Jacobs University Bremen. Die Altersspanne der Teamleiter lag dabei zwischen 23 und 48 Jahren. In zwei Vorstudien waren zuvor insgesamt 234 Studierende mit Bildern fiktiver Führungskräfte verschiedener Altersstufen konfrontiert worden.

Die Ergebnisse der Befragungen zeigten deutlich, dass jüngere Führungskräfte einem höheren Risiko ausgesetzt sind, von der Belegschaft nicht akzeptiert zu werden. Offenbar trauen ältere Mitarbeiter einem Chef im Alter ihrer erwachsenen Kinder oft nicht zu, über ausreichend Erfahrung zu verfügen. Junge Mitarbeiter sind häufig neidisch, wenn sie zum ersten Mal erleben, dass jemand aus ihrer Altersgruppe ihnen etwas zu sagen hat.

Um sich nicht angreifbar zu machen, setzen junge Führungskräfte oft auf einen partizipativen Führungsstil und stellen im Team viele Dinge zur Abstimmung und Diskussion. Auf diese Weise wird den Mitarbeitern viel Verantwortung übertragen, es wird Anstrengung gefordert. So lange eine Führungskraft jedoch in ihrer Rolle noch nicht akzeptiert ist, sind die Kollegen nicht bereit, sich so zu engagieren, ihre Energie, Ideen und Erfahrungen beizutragen.
Aussichtsreicher seien dagegen individuelle Strategien. Die Studie plädiert für ein gezielt eingesetztes Kontingent von Belohnungen, die von bestimmten Bedingungen abhängig sind – so genannte „Contingent reward“-Lösungen. So könne es zum Beispiel sinnvoll sein, einem Mitarbeiter gezielt eine bestimmte Aufgabe und die dazugehörige Budgetverantwortung zu übertragen. Der Chef sollte diese Aufgaben nicht beliebig verteilen, sondern transparent machen, welchem Mitarbeiter er aufgrund dessen Fähigkeiten und Erfahrungen die Aufgabe überträgt. Auf diese Weise wird die individuelle Aufgabe als Wertschätzung empfunden und mit Engagement erfüllt.

Ein Weg, sich an das gesamte Team zu wenden, ist die Formulierung von Visionen und Zielvorstellungen. Wichtig ist für junge Führungskräfte, nicht Absichtserklärungen, sondern gut durchdachte Lösungsansätze zu kommunizieren. Begeistern lässt sich das Team durch eine überzeugende Präsentation. Wer dann ernstgenommen werden will mit seinen Vorstellungen, sollte konkrete Arbeitsschritte festlegen und den Progress regelmäßig bilanzieren.

Einen Führungsstil, der zu allen Teams passe, gibt es nicht, das bestätigt auch diese Studie. Flache Hierarchien sind beispielsweise hilfreich in kreativen Berufen in der Forschung und Entwicklung, Beratung oder Wissenschaft, wo gute Ideen oft im Team entstehen. Die Führung einer Abteilung mit vielen Geringqualifizierten dagegen erfordert eher klar kommunizierte eigene Entscheidungen. Auf der Suche nach dem passenden Stil hilft neben der Klärung des persönlichen Stils die Auseinandersetzung mit den speziellen Anforderungen der Arbeitssituation der Mitarbeiter – und die Lektüre hilfreicher Studien!